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39 Jahre für die Stadt Illnau-Effretikon tätig. Goodbye Joe!

29. Oktober 2025
Joe Mensah Dadzie, Fachmann Hauswartung, tritt per 31. Oktober in den wohlverdienten Ruhestand.

Damit bringt er es auf sage und schreibe 39 Dienstjahre bei der Stadt Illnau-Effretikon. Aus dem aktiven Mitarbeitenden-Bestand ist er aktuell der Einzige, der auf eine derart lange Zeit bei seiner Arbeitgeberin zurückblicken kann. Wir taten es gemeinsam mit ihm.
 

Dazu blenden wir zurück und schreiben das Jahr 1986: Die Fronten der Welt steckten im Kalten Krieg irgendwo zwischen dem Eisernen Vorhang und dem Westen fest. Die Pop-Kultur liess sich davon wenig beeindrucken, föhnte sich «Vokuhila» (Vorne kurz-hinten lang)-Dauerwellen und trug dazu enge Jeans, korrespondierend mit stilechten, ebenso dichtanliegenden, Jacken. Die High-Society wie auch das gemeine Fussvolk stolzierten mit unförmigen Schulterpolster-Blazern umher und frönten zur sportlichen Ertüchtigung der TV-Gymnastik. Die illustre Welt von Denver-Clan und Dallas liessen die Publikums-Herzen (wohl nicht nur mancher Hausfrau) am Fernsehen höherschlagen, während David Hasselhoff als Michael Knight, «ein Mann und sein Auto», in Knight Rider gegen das Unrecht kämpften. War «K.I.T.T» auch dein «Kumpel»? Trotz Siri und AppleWatch können wir unsere vierrädrigen Gefährte(n) auch heute noch nicht per Uhr lenken und rufen. Wohl nicht mehr lange, und dann wird auch das möglich sein. Nun ja. Immerhin freute sich Eros Ramazotti im Radio in seinem Lied «Adesso tu» darüber, dass du jetzt hier bist.

 

EIGENTLICH DER LANDWIRTSCHAFT WEGEN GEKOMMEN.

Und hier war auch Josef (kurz «Joe») Mensah Dadzie – im beschaulichen Illnau-Effretikon. Ursprünglich aus Ghana, West-Afrika, stammend, kam der Sohn eines Universitäts-Gutsverwalters 1980 über Kontakte einer Tante mehr zufällig in die Schweiz. Eigentlich um sich Kenntnisse in der Landwirtschaft zu erwerben. «Der ursprüngliche Plan war, das Gelernte dann nach Rückkehr in das Heimatland in die Tat umzusetzen und auf dem heimischen Gutsbetrieb anzuwenden. Dann kam die Liebe und das Leben dazwischen», sinniert Mensah Dadzie, der heute Vater zweier Kinder und auch bereits Grossvater ist.


VOM LANDWIRTEN ZUM ABWART.

Zunächst absolvierte Joe eine Lehre als Landwirt auf dem Hof von Jakob Hübscher in Mesikon. Gleichzeitig besuchte er die Landwirtschaftsschule im Strickhof in Lindau. Hübscher war auch Mitglied einer städtischen Kommission und motivierte Joe, sich für eine damals vakante Position als Vereinsabwart zu bewerben. «Für einen Zustupf nebst meiner Arbeit. Zwischenzeitlich wurde ich Teil der örtlichen Gemeinschaft. Man kannte mich auf dem Schulareal, ich war Mitglied des ‘Tschutti- Wiesen-Vereins’ und des Pflanzvereins. Nach Abschluss der Landwirtschaftsausbildung sah ich dann die feste Stelle als ‘Schulabwart’ (wie man damals noch sagte) ausgeschrieben. Ich musste damals beim Schulpräsidenten Silvio Lerchi und dem Schulsekretären Fritz Höhener vorsprechen», erinnert sich Joe Mensah Dadzie. «Zu meinem Erstaunen erhielt ich die Zusage». Fortan amtete Joe als «Pendelabwart» zwischen dem Effretiker-Brüttener und dem Illnauer-Hagenschulhaus. Er wurde damals aus 19 Kandidaten für den Posten erkoren. «Ich hatte mir selber keine grossen Chancen eingeräumt. Ich hatte wohl auch einfach Glück, wie so oft in meinem Leben», ordnet Joe ein. Unter den Mit-Bewerbenden waren auch in der Gemeinde gut vernetzte Personen, die nicht nur Freude hatten, dass man «ausgerechnet ihn» mit dem Posten betraut hatte. «Ich hatte das dann hinter vorgehaltener Hand erfahren. Sonst habe ich aber wegen meiner Herkunft oder meiner Hautfarbe wenig bis gar nie schlechte Erfahrungen sammeln dürfen», so Mensah Dadzie. «An die wenigen Einzelfälle kann ich mich zwar exakt erinnern, ich bin aber ein positiver Mensch, und habe meinen Frieden mit solchen Vorfällen geschlossen». Später konzentrierte sich sein Aufgabengebiet voll und ganz auf das Areal der Schulanlage Hagen, heute ist er zuständig für die Betreuung der Aussen-Kindergärten, die zur Schuleinheit Eselriet zählen.

 

EINE WEITERBILDUNG - UND EIN TV-BEITRAG.

«Ich bin der Stadt sehr dankbar». Dankbarkeit bringt er im Gespräch auch immer wieder zum Ausdruck. «1992/1993 durfte ich den damals neu geschaffenen und ersten Lehrgang als eidgenössisch diplomierter ‘Hausabwart’ absolvieren». Die Zeitung hatte damals sogar darüber berichtet. «Ich bin der erste Schwarze, der diesen Kurs absolviert», zitierte ihn der Journalist damals. Auf die Frage, ob das im heutigen Kontext nicht eine etwas sonderbare Aussage sei, entgegnet Joe: «In jener Zeit war das wohl schon noch eine Sensation. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit. Aber ich war schon stolz», blickt Joe Mensah Dadzie auf diese frühen Jahre zurück. Auch das damalige Schweizer Fernsehen DRS (heute SRF) wurde auf ihn aufmerksam und realisierte einen Beitrag für die Sendung «DRS Aktuell» (heute Schweiz Aktuell).

 

EIN BERUF IM WANDEL DER ZEIT.

Auf die Frage, inwiefern sich sein Beruf im Laufe der Zeit gewandelt hat, stellt Joe fest: «Auch als Hauswart sind heute zunehmend mehr Management-Fähigkeiten gefragt. Du musst einschätzen und entscheiden, ob du eine Arbeit selbst erledigen kannst oder dazu einen Fachmann aufbieten musst, den du gut instruieren, begleiten, aber auch kontrollieren musst». Ob das eine gute Entwicklung sei, zieht Joe in Zweifel. «Ich bin nicht gegen Veränderungen per se; aber klar, legte ich gerne selbst Hand an», konstatiert Joe.

 «Auch digitale Mittel halten zunehmend Einzug und benötigen Aufmerksamkeit und Kompetenzen, die die jungen Leute heute bereits mitbringen. Ich versuchte immer, damit Schritt zu halten. Und natürlich sind diese Mittel auch heute im Alltag sehr praktisch».

 

KEIN EWIG-GESTRIGER.

Und wie sieht es mit dem Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern bzw. den Lehrkräften aus? «Das weitverbreitete Klischee, die junge Generation von heute sei unanständiger oder gar ‘fauler’ kann ich gar nicht bestätigen. Ich freue mich über jeden Kontakt. Wenn du Personen offen und mit Respekt begegnest, so empfängst du vom Gegenüber in den meisten aller Fälle dasselbe». Und klar: «Manchmal macht man sich in dieser Funktion vielleicht etwas unbeliebt. Aber es kommt immer darauf an, in welchem Ton man mit den Leuten spricht. Heute bin ich für die Betreuung der Kindergärten zuständig. Das macht mir besonders Spass. Es hat sich für mich auch wie ein Kreis geschlossen – von den Grossen zu den ganz Kleinen.»

 

FÜR DIE ZEIT DANACH…

Und für die Zeit nach dem Berufsleben? «Ich darf aufgrund einer gesundheitlichen Einschränkung leider nicht mehr allzu intensiv Sport treiben. Ich besuche aber regelmässig Aqua-Fit-Lektionen und fahre Velo. Ich werde die Zeit mit meiner Enkelin geniessen und mir dann und wann etwas zum ‘Chlüttere’ suchen. Denn das werde ich sicherlich vermissen».

 

Wir bedanken uns bei Joe für seine Offenheit, seinen Optimismus und die Treue gegenüber der Stadt Illnau-Effretikon, die ein ganzes Arbeitsleben, während 39 Jahren anhielt und wünschen ihm für seine Zukunft alles Gute.
 

Das Gespräch führte:
Marco Steiner
Leiter Präsidiales / Stadtschreiber-Stv.
 

DIE WELT HIELT DEN ATEM AN.
DER FALL DES EISERNEN VORHANGS HING IRGENDWIE IN DER LUFT, WAR ABER NOCH NICHT GREIFBAR.

Sagt dir Alphons Egli etwas? Nein? Er war 1986 Bundespräsident der Schweiz. Die Girl-Band mit dem obszönen Namen «Bananarama» hielt in einem Hitparaden-Hit verheissungsvoll Ausschau zur «Venus». Unglücklicherweise brach die Raumfähre «Challenger» bei ihrem Start in Cape Canaveral auseinander – sieben Astronauten verloren ihr Leben. Die Welt wurde mittels Fernseh-Live-Übertragung Zeugin dieses Desasters, dem sprichwörtlichen «Final countdown». Ein Song, 1986 übrigens aufgenommen in Maur am Greifensee, der schwedischen Rock-Formation «Europe». Heute ein Klassiker. A propos Europa: Portugal und Spanien traten in besagtem Jahr der europäischen Gemeinschaft bei. Einen grossen «Chlapf» gab es auch in Schweizerhalle. In dieser Ortschaft bei Basel führte ein Grossbrand zu einer Explosion von Chemikalien, die danach den Rhein verunreinigten. Es war der grösste Industrieunfall in der Schweiz seit «ever». Wohl gab es keine Todesopfer, die Umweltschäden waren aber verheerend.

Die Band «Survivor» sang dann in den Charts im Song «Burning Heart» von brennenden Herzen – hierzulande sah man eher brennende Chemiefässer. Einem Pulverfass gleich kam auch die politische Grosswetterlage: Michail Gorbatschow, damaliger Präsident der Sowjetunion, danach Russische Föderation, schlug dem Westen vor, alle Kernwaffen bis zum Jahr 2000 abzurüsten. Kaum ausgesprochen, gab’s den nächsten Knall – nicht aus der «Top-Gun» des titelgebenden Kino-Kassenschlagers - aber in Tschernobyl. Dort ging Block 4 des dortigen Kernkraftwerkes hoch. 

Im Wettrüsten - nicht nur auf der Erde, sondern auch im Weltall - landete Russland einen Coup: 1986 katapultierten die Russen die Raumstation «Mir» in die Unendlichkeit. Nun gut. Diese Unendlichkeit dauerte nur bis 2001, bis das Ding als verglühender Weltraumschrott wieder kontrolliert auf die Erde donnerte. «’Mir’ alli» bzw. «’jede’ brucht sini Insle», fand auch Peter Reber und verpackte Fernweh und Sehnsucht in einen ikonischen Song mit Calypso-Karibik-Feeling. 

Nicht so toll war das Feeling in Deutschland: Dort wurden zwar Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub eingeführt, RAF-Terroristen verbreiteten aber im grossen Kanton Angst und Schrecken, indem sie Mordanschläge auf hochrangige politische Exponenten verübten. Für Angst und Schrecken, aber auf einer Theaterbühne, sorgte das «Phantom der Oper». Andrew Lloyds’ Musical-Komposition feierte am Londoner West-End Première. Einige Strassen weiter feierte «Bobele» Boris Becker seinen zweiten Sieg beim Tennisturnier von Wimbledon. 

Und während sich der Lauf der Welt im Prä-Intermedialen Zeitalter immer schneller zu drehen begann, zeichnete die Jugend ihre ersten MTV-Video-Clips auf VHS-Kassetten auf oder lauschte nun nicht mehr nur am Sony-Walkman oder via Vinyl, nein, sie konsumierte Musik auch von futuristischen silbernen Scheiben, der Compact Disc, kurz CD. Auf den sich nervig-aufwickelnden Mixed-Tapes suchte Elton John zwar kaum nach Madonna, vielmehr aber nach «Nikita». Chris Norman schwärmte von seiner «Midnight Lady» und die Münchner Freiheit wollte «ohne dich» einfach keinen Schlaf finden. Wohl deshalb, weil du an deiner ersten Nintendo-Konsole rum«gegamed» hattest - oder hattest du bereits einen Commodore C-64? Und wenn du damals 20 Jahre alt wurdest (die Volljährigkeit mit 18 kam erst 1996) und männlichen Geschlechts warst/bist, wusstest du eh, was dir bald blühte, denn Status Quo sahen dir die Zukunft voraus und sangen es dir vor: «You’re in the army now».


ÜBER DIE JAHRE

Bewerbungsfoto anno 1986.
Bei der Arbeit im Schulhaus im Jahr 1993.
Wenige Tage vor der Pensionierung, 2025.
Joe Mensah Dadzie, Fachmann Hauswartung, geht nach 39 Dienstjahren in Pension.
Joe Mensah Dadzie, Fachmann Hauswartung, geht nach 39 Dienstjahren in Pension.