Empfindlich oder winterhart – wo liegt der Unterschied?
Sobald die Temperaturen im Herbst unter null Grad zu fallen drohen, lautet die weit verbreitete Empfehlung: Empfindliche Pflanzen schützen oder ins Haus zügeln. Welche Pflanzen sind empfindlich und welche winterhart? Und weshalb? Was machen die winterharten Gewächse besser als die Mimöschen?
Pflanzen müssen sich stets an die Umweltbedingungen an ihrem Wuchsort anpassen. Sonst überlebt die Art langfristig nicht. Diese Anpassung ist ein sehr langsamer und fortwährender Prozess. Unsere einheimischen Pflanzen haben sich seit Jahrtausenden darauf eingestellt, dass es im Winter kalt ist. Sie haben Strategien entwickelt, um auch längere Perioden mit Forst unbeschadet zu überstehen. Einheimische Gewächse müssen deshalb kaum geschützt, geschweige denn ins Haus genommen werden. Dies im Gegensatz zu Pflanzen, die ursprünglich aus wärmeren Ländern stammen. Ihnen fehlt ganz einfach ein genetisch verankertes Programm, um auf die kalte Jahreszeit zu reagieren.
KÄLTERESISTENZ DANK RUHE UND ZUCKER
Worauf beruht nun die Kälteresistenz der einheimischen Pflanzen? Kurz gesagt: auf einer gut vorbereiteten Winterruhe. Die Vorbereitung beginnt, wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen fallen. Die Pflanzen ziehen nun die Nährstoffe aus den Blättern zurück und lassen diese anschliessend fallen. Die wenigen immergrünen Pflanzen statten ihre Blätter oder Nadeln bis zum Herbst mit einer robusten Aussenschicht aus, sodass ihnen die Kälte nichts anhaben kann.
Nun beginnt die Winterruhe, während der die Pflanzen ihr Wachstum einstellen. Das heisst, sie betreiben keine Fotosynthese mehr und verdunsten kaum noch Wasser. Dadurch verringert sich die Gefahr, dass die Pflanze verdurstet – auch wenn der Boden ein paar Tage lang gefroren ist.
Das ist aber noch nicht alles. Die winterharten einheimischen Gewächse erhöhen zusätzlich den Zuckergehalt ihrer Zellsäfte, wodurch sich der Gefrierpunkt erniedrigt. Das Risiko, dass die Zellen gefrieren und die Pflanze Frostschäden davonträgt, ist deshalb minimal. Dank diesen Anpassungen erträgt eine Pflanze während der Winterruhe viel tiefere Temperaturen als im Sommer. Besonders ausgeprägt ist dies naturgemäss bei Alpenpflanzen. So überlebt zum Beispiel eine Arve im Winter Temperaturen von unter -40 Grad Celsius unbeschadet, im Sommer hingegen «nur» Temperaturen bis zirka -8. Für die meisten anderen Pflanzen würden solch frostige Temperaturen den Tod bedeuten.
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Die Stadt Illnau-Effretikon und die Gemeinde Lindau haben im Frühling 2022 eine Kampagne gestartet, um die Bevölkerung über den Nutzen und die Schönheit von Biodiversität im Siedlungsraum zu informieren. Monatlich erscheint im «Regio» ein Artikel zum Thema.
ZUR AUTORIN
Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby, zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.
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