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Leitartikel April 2024; Stadträtin Rosmarie Quadranti

2. April 2024
«PROBLEME SIND LÖSUNGEN, DIE UNS NICHT GEFALLEN.»

Dieses Zitat eines Kommunikationspsychologen ge­fällt mir. Begegnen wir alle nicht immer wieder die­sen «Problemen»? Beispiele dafür könnten sein:

«Das, was mein Nachbar baut, gefällt mir nicht; ich kontrolliere, ob das wirklich dem Buchstaben des Gesetzes entspricht.» Oder: «Das Ladengeschäft meines Gegenübers stört mich; ich rufe die Polizei, wenn es mal etwas lauter ist.» «Das Projekt, wel­ches bei einem Wettbewerb gesiegt hat, finde ich hässlich; ich schaue, welche Mittel es gibt, den Bau zu verhindern.» «Dass geflüchtete Menschen Wohnraum brauchen, ist ja klar - aber nicht in meiner Nähe. Ich steige auf die Barrikaden, um das zu ver­hindern.» «Wenn ich zum Beispiel aufgrund des Kli­mawandels mich etwas einschränken muss, also meine Komfortzone etwas verlassen sollte, be­kämpfe ich die Massnahmen oder verneine das Problem.»

Ich, wir alle, könnten diese Liste wohl noch durch viele Beispiele ergänzen. Ich meine, wir erleben sie selbst. Einmal sind wir der- oder diejenige, die sich an etwas stören und reklamieren; ein anderes Mal sind wir diejenigen, die das «Problem» sind.

Natürlich aber finde ich auch, dass es selbstver­ständlich Probleme gibt, die in meinen Augen wirk­lich einer anderen Lösung bedürfen als jene, die wir gerade ins Auge fassen. Als Beispiel: Löst man das Problem «Putin» tatsächlich, indem man die Militär­budgets sogar in der Schweiz auf Kosten aller ande­ren Ausgaben drastisch erhöht? Hier bleibe ich bei der Haltung, dass die Welt ein echtes Problem mit einem Despoten wie Putin hat. Ich als Frau, die Mi­litärdienst geleistet hat, und die die Lösung «Militär­ausgaben explodieren lassen» nach wie vor als Problem ansieht. Ein weiteres Beispiel: Die Lösung «Krankenkassenprämien jährlich steigen zu lassen» erachte ich als Antwort auf die hohen Gesundheits­kosten nach wie vor nicht als Beitrag zur Beseiti­gung des Problems. Und auch hier könnte ich wohl noch das eine oder andere aufzählen. Auch hier würde jeder und jede von Ihnen wohl noch Beispiele anführen können, wo ein Problem tatsächlich einer anderen Lö­sung bedarf.

Sie sehen, das Zitat, welches ich als Titel dieses Leitartikels wählte, kann einem tatsächlich umtrei­ben und ja, auch bei mir löst dieses Zitat ein Wech­selbad der Gefühle aus.

Denn wie soll ich als Vorsteherin des Ressorts Hochbau, als Politikerin, damit umgehen? Die öf­fentliche Hand könnte zum Beispiel all die vielen Vorgaben, Vorschriften und Gesetze zu Hilfe neh­men und sie ganz eng - man könnte auch sagen kleinlich – umsetzen zu versuchen, damit man ja kein Präjudiz schafft und damit allenfalls keine resp. weniger Angriffsfläche bietet. Das jedoch entspricht zum Glück aber nicht der Philosophie der Stadt. Wir wollen Dienstleisterin sein, wir wollen Hand bieten, wir wollen Lösungen finden, die breit akzeptiert werden können.

Und deshalb stelle ich mir auch oft die Frage, wie man das erreichen kann. Was braucht es dazu? Wie gelingt es uns allen, Lösungen zu finden, die wir nicht als Problem anschauen?

Könnte es sein, dass wir wieder toleranter, kompro­missbereiter werden sollten? Könnte es sein, dass wir uns wieder stärker bewusst sein müssen, dass die Freiheit darin besteht, dass man alles das tun kann, was einem anderen nicht schadet? Könnte es sein, dass wir verstärkter miteinander statt überei­nander reden sollten? Könnte es sein, dass wir ver­stärkter auch wieder mal das berühmte «Föifi» ge­rade sein lassen sollten?

Deshalb freue ich mich auf Gespräche und Diskus­sionen, um Probleme gemeinsam zu lösen. Das Ziel besteht darin, beweisen zu können, dass das Ein­gangszitat nicht nur stimmen muss.

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