Ein Sommer ohne «Spyren» ist kein Sommer
Etliche Vogelarten brüten gerne an oder in Gebäuden; auch einige Fledermausarten ziehen hier ihre Jungen auf.
Seit Tagen herrscht emsiges Treiben rund ums Haus. Meisen, Sperlinge und Stare sammeln eifrig Moos, trockene Pflanzenteile und Federn. Damit fliegen sie zu einem Schlupfloch oder einer Nische am Haus. Die Vögel sind intensiv mit dem Nestbau beschäftigt. Rollladenkästen und Spalten unter dem Dach sind besonders beliebt. Aber auch Baumhöhlen, Nistkästen oder geschützte Stellen an Masten dienen ihnen als Nistplätze.
Bald werden weitere Untermieter ankommen: Ab Ende April bis Anfang Mai kehren Mauersegler und Mehlschwalben aus ihren Winterquartieren im Süden zurück. Diese beiden Vogelarten (und weitere Segler- und Schwalbenarten) brüten fast ausschliesslich an Gebäuden. Alternativen kennen sie kaum. Dementsprechend sind sie auf unsere Toleranz und Hilfe angewiesen.
FÜRS FLIEGEN GESCHAFFEN
Mit ihrem spindelförmigen Körper und den langen, spitzen Flügeln sind Mauersegler fürs Fliegen geschaffen; fast ihr ganzes Leben spielt sich in der Luft ab: Sie fressen in der Luft – hauptsächlich Insekten –, schlafen in der Luft und ja, sie paaren sich sogar in der Luft. Verlässt ein junger Mauersegler zum ersten Mal das Nest, wird er ab diesem Moment 21 Monate lang beinahe ununterbrochen fliegen.
Er fliegt im August nach Afrika und kehrt im nächsten Frühling zur Kolonie seiner Eltern zurück, wo er laut «srii, srii» rufend (daher auch der Name «Spyr») um die Häuser kurvt, ohne jedoch selbst zu brüten. Im Spätsommer fliegt er erneut nach Afrika, alles ohne Zwischenlandungen, versteht sich. Erst in seinem dritten Frühsommer muss er wohl oder übel landen, um selbst zu brüten.
Die unermüdlichen Meilensammler können in ihrem Leben beinahe vier Millionen Flugkilometer zurücklegen, was einer Distanz von fünf Retourflügen zum Mond entspricht.
EINE SCHWALBE MACHT NOCH KEINEN SOMMER, ABER...
Auch Mehlschwalben sind ausdauernde und gute Flieger, obwohl sie etwas häufiger landen als Mauersegler. Zum Beispiel, um Baumaterial für ihr halbkugeliges Nest zu sammeln, das aus Erd- und Lehmklümpchen, vermischt mit Grashalmen, Haaren und Speichel, besteht. Die Mehlschwalben kleben das Nest direkt an die Hausfassade. Für ein Nest benötigen sie 700 bis 1500 Erdklümpchen und eine Bauzeit von 8 bis 18 Tagen. Das Nest nutzen sie in den darauffolgenden Jahren wieder; wenn nötig reparieren sie es zuerst. Da die Mehlschwalben immer mehr Mühe haben, geeignetes Baumaterial zu finden, hilft man ihnen da und dort mit Kunstnestern, die sie gerne annehmen.
Sowohl Mauersegler als auch Mehlschwalben sind sehr ortstreu und kehren jedes Jahr zu ihren alten Nestern zurück – ein Glück für alle, die ihr Haus mit den akrobatischen Fliegern teilen. Denn was wäre ein Sommer ohne das fröhliche Geplapper der Mehlschwalben und ohne Mauersegler, die pfeilschnell und laut kreischend durch die Siedlung fliegen?
DAS SAGT DAS GESETZ
- Während der Brutzeit gilt ein absoluter Schutz des Brutgeschäfts sämtlicher Vogelarten. Die Brutzeit beginnt mit dem Nestbau und endet mit dem Ausflug der Jungen beziehungsweise wenn der Sommerlebensraum verlassen wird. Störende Eingriffe ins Brutgeschäft sind verboten.
- Die Nester standorttreuer Gebäudebrüter (dazu gehören insbesondere Segler und Schwalben) sind ebenfalls weitgehend geschützt. Eingriffe (Sanierungen, Umbauten usw.) an Gebäuden mit Nestern dieser Arten sind ausserhalb der Brutzeit möglich, verlangen aber Ersatz- und Wiederherstellungsmassnahmen.
WAS KANN ICH TUN?
- Tolerieren Sie wenn immer möglich Vögel, die an Ihrem Haus brüten. Störender Kot kann mit einem Brett, das unterhalb des Nests angebracht wird, aufgefangen werden.
- Mit Nistkästen lindern Sie die Wohnungsnot der Vögel und verhelfen sich selbst zu schönen Naturbeobachtungen. Welche Nistkästen sich für welche Vogelarten eignen und wo sie aufzuhängen sind, erfahren Sie zum Beispiel unter www.birdlife.ch oder www.vogelwarte.ch.
- Segler und Schwalben ernähren sich ausschliesslich von Insekten. Viele andere Vögel füttern zumindest ihre Jungen zeitweise damit. Fördern Sie Insekten (zum Beispiel mit einheimischen Wildblumen und Sträuchern) und damit auch Vögel.
ZUR AUTORIN
Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Um die Natur in ihrer Wohngemeinde kümmert sie sich als Naturschutzbeauftragte der Stadt Illnau-Effretikon und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.
Die Stadt Illnau-Effretikon publiziert monatlich über ihre Kommunikationskanäle und im «Regio» einen Artikel zum Thema Biodiversität. Dieser Artikel ist am 20. April 2023 erschienen.
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