Leitartikel Februar 2022; Stadträtin Salome Wyss
DA IST ER NUN…
DER LETZTE LEITARTIKEL, DEN ICH SCHREIBEN DARF
Es gäbe viel zu erzählen, so viel, dass ich dieses Vorhaben gleich wieder aufgebe. Politik ist spannend – manchmal auch langwierig und ermüdend, aber vor allen Dingen spannend. Damit meine ich nun nicht an erster Stelle die vielen Diskussionen, die mir auch immer Freude bereitet haben, sondern die Einblicke, die ein politisches Amt mit sich bringt. In meinem Fall haben diese unter anderem dazu geführt, dass ich mich im Schiessen versuchen konnte, dass ich im Korb einer Autodrehleiter stehen durfte und dass ich Armeeangehörige aus ihrer Dienstpflicht entlassen durfte. Bei Jubilarenbesuchen habe ich zudem oft Zeitzeugen angetroffen, die mit ihren Lebensgeschichten bei mir einen bleibenden Eindruck hinterliessen. Natürlich sind dies nur ein paar wenige, stellvertretend genannte Ereignisse – die Liste liesse sich beliebig erweitern mit bereichernden Erlebnissen, die ich meinem Amt zu verdanken habe.
In den 24 Jahren meiner politischen Tätigkeit habe ich viele Entwicklungen beobachtet. So habe ich zum Beispiel erlebt, dass überparteilich akzeptierte und gelebte Spielregeln keine Selbstverständlichkeit, sondern davon abhängig sind, ob sie jeweils auch weitergegeben werden. Es hat mich geschmerzt, wenn altgediente Kompromisse über den Haufen geworfen wurden, ich wurde aber auch Zeugin davon, dass sich dadurch die Gelegenheit für ein neues Miteinander ergeben hat – auch wenn das jeweils dauert.
Die Zeit hat mich gelehrt, dass unser politisches System sehr robust ist und trotzdem beweglich. Letztlich findet jede Politgeneration eine neue Form von Umgang miteinander. Oft sprechen wir von politischen Gegnern. Dabei dürfen wir jedoch nie vergessen, dass alle Beteiligten etwas zum Guten verändern wollen. Sie haben einfach unterschiedliche Perspektiven, so dass manchmal der Eindruck transportiert wird, es gäbe richtig und falsch. Das halte ich für nicht zielführend. Wirklich gute Kompromisse kommen zustande, wenn man einander zuhört und versucht, andere Ansichten nachzuvollziehen und in die Lösungsfindung einzubeziehen. So finden wir zwar keine Maximallösungen, aber dafür tragfähige, was ich in der direkten Demokratie für unabdingbar halte.
Da in der Exekutive das Kollegialprinzip herrscht, man also ohnehin am Ende EINE Meinung vertritt, tut man gut daran, einen lösungsorientierten Diskussionsstil zu pflegen, wie ich ihn in den letzten zwölf Jahren erleben durfte. Aber auch ausserhalb der Exekutive macht es meiner Ansicht nach Sinn, sich immer den Respekt vor Andersdenkenden zu bewahren – es erleichtert vieles und verhindert eigentlich nichts, ausser vielleicht ein bisschen Spektakel für das man meines Erachtens nicht gewählt wird.
Natürlich darf an dieser Stelle auch der Dank nicht fehlen. Danke an alle, die mir meine politische Tätigkeit ermöglicht und mich dabei unterstützt haben, Danke an die Verwaltung, die immer bereit war, sich mit den eingebrachten Ideen konstruktiv auseinanderzusetzen und nicht zuletzt der Dank an meine Kollegin und Kollegen im Stadtrat, die dafür gesorgt haben, dass Politik auch Spass macht.
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