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Leitartikel April 2023; Stadträtin Rosmarie Quadranti

3. April 2023

DIE CREDIT SUISSE IST GESCHICHTE –
UND EIN BEISPIEL DAFÜR, WAS MACHT ALLES BEWIRKEN KANN.

Die Autorin Astrid Lindgren hat einmal folgendes Zitat geprägt:

«Das ist das Wichtigste, das ist aber auch das Schwierigste auf der Welt: Macht zu haben ohne Gewaltanwendung.»

Kann Gewalt mit Gier gleichgesetzt werden? Im Falle der CS-Manager, die über lange Zeit hinweg die CS in den Niedergang getrieben haben und dabei gierig unvorstellbare Boni einkassierten, meine ich, wohl schon. Sie haben ihre Machtstellung dazu missbraucht, um ihre Eigeninteressen in den Vordergrund zu stellen und fügten der CS und damit vielen Menschen gewaltigen Schaden bei. So sehr, dass die Bank nur noch durch eine Übernahme vor einem Konkurs gerettet werden konnte.

An der Lösung «Übernahme» war der Bundesrat be­teiligt. Ziel war das Abwenden des Konkurses und damit das Verhindern eines enormen Schadens für die Schweiz. Der Bundesrat wendete dazu Notrecht an, welches er jeweils als letzte Möglichkeit einsetzen kann und dabei Parlament und Volk nicht berücksichtigen muss. Ob er dies zu Recht tat oder dadurch der Demokratie Gewalt angetan hat, wird nun aufgearbeitet.

Das ist ein gutes Beispiel, um die Schwierigkeit im Umgang mit der Macht aufzuzeigen: Auf der einen Seite die CS-Manager, die schon lange ihre Macht missbrauchten und auf der anderen Seite der Bun­desrat, der Macht anwendete, um Schadensbegren­zung zu betreiben.

Auch als Politikerin, als Politiker hat man Macht. Sei das als Stadträtin oder als Mitglied des Parlamentes. Und natürlich hat man auch in der Verwaltung Macht; am ehesten wohl auf Leitungsebene.

Die Frage, die ich mir deshalb immer wieder stellen will und muss, ist, wie ich mit Macht umgehe. Nutze ich sie für die Allgemeinheit? Nutze ich sie, um das Bestmögliche in einer Sache zu erreichen? Seit ich für das Ressort Hochbau verantwortlich bin, ist mir das noch viel bewusster geworden. In meinem Ressort geht es zum Beispiel beim Bauen um Gestaltungsspielraum, aber auch um (viel) Geld. Es geht darum, dass Menschen, die Bauen wollen, Träume haben und klare Vorstellungen, wie sie diese umsetzen möchten.

Es geht aber auch darum, dass Heimatschutz und Denkmalpflege bei einigen Objekten mitsprechen und sich hoffentlich selbst auch ab und zu die Frage stellen, wie sie ihre Macht ausüben. Kommt hinzu, dass in meinem Ressort unglaublich viele Gesetze, Vorgaben und Rahmenbedingungen bestehen, die es zu erfüllen gilt. Die Entscheide müssen begrün­det werden können. Das bedeutet nicht, dass dabei alle glücklich gemacht werden können. Es heisst einfach, dass die Anwendung von Gesetzen, Vorgaben und Rahmenbedingungen erklärbar, nachvoll­ziehbar und transparent sein muss. Und ich meine, auch wenn ich mich ab und zu ob der Dichte der Vorgaben ärgere, dass eben alle gleichbehandelt werden können. Wenn dem nicht so wäre, könnte hier Macht dazu führen, dass es zu Ungerechtigkeiten und damit zu einer Form von Gewalt kommt. Und dennoch geht es in meinem Ressort auch darum, Kompromisse zu finden. Denn es können sich durchaus auch ganz unterschiedliche Aspekte gegenüberstehen. Zum Beispiel die Anliegen des Kli­maschutzes gegenüber einem Komfort, den wir uns seit Langem gewohnt sind. So etwa bei der Abwä­gung in der Frage zur Absenkung der Raumtempe­ratur zur Winterzeit im Kontrast zu Energiesparbe­mühungen. Doch wichtig ist: Ein Kompromiss ist ein Kompromiss und keine Machtdemonstration.

Ich meine, Astrid Lindgren hat wohl richtigerweise darauf hingewiesen, dass man mit der Übernahme von Macht auch eine grosse Verantwortung über­nommen hat und sich dieser immer bewusst sein muss.

Und ich glaube, dass Jede und Jeder durch Nach- und auch Hinterfragen aber auch durch Kompro­missbereitschaft dazu beitragen kann, dass Macht nicht Gewalt anwendet.

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