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Ein niedlicher, weit gereister Balkonbesucher

12. Juni 2025
Wer seinen Balkon in eine grüne Oase verwandelt, kann sich nicht nur an hübschen Pflanzen, sondern auch an fliegenden Besuchern freuen – zum Beispiel am Taubenschwänzchen.

Seit die Pflanzen auf dem Balkon ihre Blüten geöffnet haben, kommen immer mehr Gäste zu Besuch: Ein kleiner Falter übernachtete kürzlich im Schutz eines Blattes, im nächsten Topf labte sich eine Wildbiene an den üppig blühenden Glockenblumen – und bald wird sich hoffentlich ein weiterer Gast einfinden: Ein Taubenschwänzchen.  

Es gehört zu den häufigen Besuchern von Balkonkistchen, die mit Blumen geschmückt sind. Obwohl es zu den Schwärmern gehört, die üblicherweise nachts fliegen, ist es tagaktiv und deshalb leicht zu beobachten. Mit seinem gedrungenen, behaarten Körper wirkt es niedlich und pummelig. Doch es ist zu beachtlichen Flugleistungen fähig. Wenn es im Schwirrflug vor einer Blüte schwebt, erinnert es an einen Kolibri, was ihm auch den Namen Kolibrischwärmer eingebracht hat. Im Schwirrflug schlägt das Taubenschwänzchen 70 bis 90 Mal pro Sekunde mit den Flügeln. Sogar den Rückwärtsflug beherrscht es – etwas, das nur die wenigsten Insekten können.


GROSSE DISTANZEN

Taubenschwänzchen gehören zu den Wanderfaltern. Auf der Suche nach neuen Lebensräumen legen sie grosse Distanzen zurück. Wenn Sie im Frühling oder Frühsommer ein Taubenschwänzchen beobachten, ist dieses mit recht grosser Wahrscheinlichkeit bereits über die Alpen geflogen. Bis zu 3000 Kilometer vermögen die kleinen Insekten in nur gerade zwei Wochen zurückzulegen. Dabei erreichen sie Geschwindigkeiten von bis zu 80 Kilometern pro Stunde.

Solche Flugleistungen verlangen eine hohe Energiezufuhr. Mit einem Körpergewicht von lediglich 0,3 Gramm benötigen Taubenschwänzchen täglich rund 0,5 Milliliter Nektar. Umgerechnet auf einen Menschen würde das bedeuten, dass eine 75 Kilogramm schwere Person täglich rund 125 Litern Sirup zu sich nimmt.


VIELE BLÜTENBESUCHE

Um so viel Nektar zu tanken, muss das Taubenschwänzchen viele Blüten besuchen. Dabei legt es eine grosse Effizienz an den Tag. Hat es eine reiche Nahrungsquelle entdeckt, fliegt es bis zu 100 Blüten pro Minute an, wobei es seinen langen Rüssel bereits im Anflug entrollt und zielsicher in den Schlund einer Blüte einführt. Für die täglich benötigte Menge an Nektar besucht das Taubenschwänzchen 1300 bis 5000 Blüten eines Roten Fingerhuts oder 500 bis 2200 Blüten eines Schmalblättrigen Weidenröschens.

Seine gute Lernfähigkeit und das Erinnerungsvermögen helfen dem Taubenschwänzchen, genügend Nahrung zu finden. Das Insekt lernt, welche Pflanzen in seiner Umgebung besonders reichhaltig sind und besucht diese jeden Tag aufs Neue.

Wenn ein Taubenschwänzchen Ihren Balkon einmal zu seinem Lieblingsrestaurant erkoren hat, werden Sie es somit immer wieder beobachten können.

 

Weitere Informationen zur Biodiversität finden Sie hier.
 

Taubenschwänzchen lieben den Nektar des Natternkopfs. Die Haarbüschel am Ende des Hinterleibs, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den Schwanzfedern von Tauben aufweisen, haben dem Taubenschwänzchen seinen Namen gegeben.

 

Die Kratzdistel ist bei vielen Insekten beliebt – so auch beim Taubenschwänzchen.

Bilder: Adobe Stock

 

ZUR ARTIKELSERIE

Die Stadt Illnau-Effretikon und die Gemeinde Lindau haben im Frühling 2022 eine Kampagne gestartet, um die Bevölkerung über den Nutzen und die Schönheit von Biodiversität im Siedlungsraum zu informieren. Monatlich erscheint im «Regio» ein Artikel zum Thema.

 

ZUR AUTORIN

Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby, zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.

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