Die Farben des Frühlings
Im März sind die Nächte oft noch frostig kalt. Trotzdem recken sich an manchen sonnigen Wegrändern und in Gärten die ersten Frühlingsboten. Der Huflattich ist einer der ersten, der seine sonnengelben Blüten in den Frühlingshimmel streckt, und zwar noch bevor er Blätter ausbildet. Diesen Kraftakt kann er sich nur leisten, weil er gut vorgesorgt hat: Er hat sich im vergangenen Jahr einen Vorrat an Nährstoffen zugelegt und diese in seiner langen Wurzel gespeichert. Davon zehrt er jetzt, wenn er gleich büschelweise Blüten produziert.
Eine ähnliche Vorsorgeeinrichtung besitzen Schneeglöckchen und Krokusse, die zurzeit da und dort für Farbtupfer sorgen. Sie speichern die Nährstoffe über den Winter in ihren Zwiebeln. Neben den Nährstoffen sind dort auch die Knospen der Blüten und Blätter angelegt. Bei genügend Licht und Wärme müssen sie sich nur noch aus der Zwiebel strecken.
VOM WINDE VERWEHT
Bäume und Sträucher werden noch eine ganze Weile kahl dastehen, aber auf dem Boden regt sich nun immer mehr. An manchen Stellen im Wald breitet sich ein ganzer Teppich mit weissen Punkten aus: Buschwindröschen. Wie der Wind in den Namen dieser Anemonenart kommt, erklärte der römische Dichter Ovid sehr anschaulich: «Doch kurz nur freust du dich ihrer: locker haftend und allzu leicht zum Fallen geneigt, wird bald von dem Wind, der den Namen ihr gibt, verweht die Blüte.»
Dem Scharbockskraut kann der Wind weniger anhaben. Seine glänzend-gelben Blüten sind dem Boden so nah, dass sie der Wind nur selten erfasst. Die Bodennähe hat einen weiteren Vorteil, denn dort ist es am wärmsten. Und Wärme können die Pflanzen so früh im Frühling brauchen. Genau wie die Insekten, die sie bestäuben sollen und die sie anzulocken versuchen. Aber bisweilen helfen weder farbige Blüten noch verführerische Düfte – dann nämlich, wenn ein Kälteeinbruch die Insekten am Fliegen hindert.
WENN DIE SPÄTZÜNDER STARTEN, SIND DIE FRÜHBLÜHER AM ZIEL
WAS KANN ICH TUN?
- Pflanzen Sie Frühblüher in Ihren Garten oder auf den Balkon. Damit machen Sie nicht nur sich selbst eine Freude, sondern auch den Insekten, die früh im Jahr unterwegs sind. So fliegen einige Wildbienen bei warmen Temperaturen bereits ab Ende Februar und sind dann auf die Blüten der Frühblüher angewiesen.
- Am besten pflanzen Sie die Frühblüher bereits im Herbst (viele Arten können als Zwiebeln gesteckt werden). Wenn Sie dies verpasst haben, können Sie es im zeitigen Frühjahr (März) nachholen. Der Boden darf dann allerdings nicht gefroren sein. Die Frühlingsblüher, die aktuell zu kaufen sind (mit Traubenhyazinthen, Osterglocken, Primeln u. a.), können nach der Blüte in den Garten gepflanzt werden.
- Es sollten einheimische Pflanzen verwendet werden, da diese für die einheimischen Insekten in aller Regel wertvoller sind als Pflanzen aus fremden Ländern. Beispiele einheimischer Frühblüher: Gewöhnliches Schneeglöckchen, Frühlingskrokus, Scharbockskraut, Zweiblättriger Blaustern, Wohlriechendes Veilchen.
- Für Wildbienen besonders wertvoll sind u. a. Krokus, Blaustern und Traubenhyazinthe. Sie sind besonders beliebt bei den früh fliegenden Mauerbienen. Diese hübsch gezeichneten Wildbienen sammeln bei warmem Wetter fleissig Pollen für ihren Nachwuchs. Die Weibchen legen ihre Eier in Hohlräume ab, wobei sie neben jedem Ei eine Portion Pollen platzieren, die der Larve später als Nahrung dient.
- Wichtig: Frühlingsblüher brauchen vor allem Licht. Unter immergrünen Gehölzen gedeihen sie nicht. Immergrüne Neophyten wie Kirschlorbeer und Henrys Geissblatt («Regio» berichtete über beide Arten) verhindern nicht nur in Ihrem Garten einen farbenfrohen Frühling, sondern auch im Wald – wenn sie dort einmal Fuss gefasst haben. Deshalb entfernen Sie die Neophyten am besten aus Ihrem Garten und ersetzen Sie sie durch einheimische, laubwerfende Gehölze.
Fotos: Barbara Leuthold Hasler
ZUR AUTORIN
Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Um die Natur in ihrer Wohngemeinde kümmert sie sich als Naturschutzbeauftragte der Stadt Illnau-Effretikon und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.
NEOPHYTHEN
Über 800 Pflanzen- und Tierarten, die aus fremden Ländern stammen, haben sich bei uns etabliert. Rund 10 % dieser Neobiota, wie Neophyten (Pflanzen) und Neozoen (Tiere) zusammengefasst genannt werden, verhalten sich bei uns invasiv. Das heisst, sie vermehren sich unkontrolliert und verdrängen einheimische Arten; manche von ihnen gefährden zudem die Gesundheit von Mensch und Tier. Ob oder wann eine fremde Art invasiv wird, ist völlig unvorhersehbar.
Die Stadt Illnau-Effretikon und die Gemeinde Lindau haben im Frühling eine Kampagne gestartet, um die Bevölkerung auf die Problematik der invasiven Neophyten und Neozoen aufmerksam zu machen. Monatlich publiziert die Stadt über ihre Kommunikationskanäle und im «Regio» einen Artikel zum Thema Biodiversität. Dieser Artikel ist am 16. März 2023 erschienen.
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