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Jeder Quadratmeter zählt

20. Juli 2023
Im Hochsommer, wenn alle Wiesen und Rasen gemäht sind, finden Insekten mancherorts kaum mehr genügend Blüten. Kiesflächen mit einer bunten Ruderalvegetation, blühende Wegränder oder Wildstaudenbeete können Abhilfe schaffen.

Im Hochsommer, wenn alle Wiesen und Rasen gemäht sind, finden Insekten mancherorts kaum mehr genügend Blüten. Kiesflächen mit einer bunten Ruderalvegetation, blühende Wegränder oder Wildstaudenbeete können Abhilfe schaffen.

Wer derzeit durch die Siedlung spaziert oder durch die Landschaft fährt, mag sich fragen, wo all die Blumen sind. Die Rasenflächen sind kurz geschoren und fast alle Wiesen gemäht. Was bleibt, sind die «vergessenen» Ecken, Kiesflächen und Wegränder. Hier blüht bisweilen eine erstaunliche Vielfalt an Pflanzen. Einige stechen jetzt besonders heraus, zum Beispiel die Wilden Malven mit ihren rosa, dunkel geaderten Blüten, die Königskerzen mit ihren langen Blütenständen oder die Wegwarten. Wie immer lohnt es sich, genauer hinzuschauen.
 

ZUERST EIN KUNSTWERK, DANN EIN BIENENHOTEL

Die Dunkle Königskerze bringt Blüten hervor, die wahre Kunstwerke sind: Die gelben Blütenblätter umrahmen wollige, orange-violette Staubblätter, die wie winzige Staubwedel aussehen. Einige Wildbienen sind allerdings erst an der Königskerze interessiert, wenn die Pflanze bereits abgestorben ist. Dann bohren sie sich einen Gang ins weiche Mark des Stängels und legen dort ihre Eier ab, wobei jedes Ei eine eigene kleine Brutkammer mit einer Portion Pollen erhält. Der Pollen dient der frisch geschlüpften Wildbienenlarve als erste Nahrung.

Da viele Pflanzen – nicht nur Königskerzen – gleich nach dem Verblühen abgeschnitten werden, herrscht bei den Wildbienen, die in Stängeln nisten, vielerorts Wohnungsnot.


UNWIDERSTEHLICH BLAU

Zurzeit stehen die Pflanzen aber noch in voller Blüte, ebenso die Wegwarte, bekannt auch als Wilde Zichorie. Wenn man sie am Morgen betrachtet, sind die Blumen am schönsten. Dann entfalten sich ihre himmelblauen, grossen Blüten. An heissen, sonnigen Tagen ist die Pracht bereits am Mittag vorbei, bei Wolken dauert sie bis in den Nachmittag hinein. Auf zahlreiche Insekten wirken die wunderbaren Blüten unwiderstehlich. Besonders Schwebfliegen und Wildbienen besuchen Wegwarten gerne. Es wird berichtet, dass sich 38 verschiedene Arten an den Blüten gütlich tun. Dies entspricht fast einem Viertel aller einheimischen Wildbienenarten. Später im Jahr, wenn die Samen reif sind, picken Vögel wie der bunt gefärbte Distelfink oder Sperlinge an den nunmehr dürren Pflanzen. Braucht es weitere Argumente, um ein paar Wegwarten oder andere hübsche Blumen und Wildstauden in den Garten oder auf den Balkon zu pflanzen?


WAS KANN ICH TUN?

  • Pflanzen Sie einheimische Blumen und Wildstauden in Ihrem Garten oder auf dem Balkon. Viele Insekten, Vögel und andere Tiere können diese nutzen, weil sie die Pflanzen kennen und daran angepasst sind. Mit fremden Pflanzen kann die einheimische Tierwelt dagegen oft wenig bis nichts anfangen.

  • Beispiele einheimischer Blumen und Wildstauden: weisse Blüten: Wiesen-Margerite, Wiesen-Schafgarbe, Wilde Möhre; gelbe Blüten: Königskerzen, Rainfarn; violette bis lila Blüten: Skabiose, Wiesen-Flockenblume, Wilder Majoran, Thymian; hell- bis dunkelblaue Blüten: Wegwarte, Natternkopf.

  • Achten Sie darauf, dass möglichst immer einige Pflanzen blühen und ein Teil der verblühten Pflanzen über den Winter stehenbleibt (z. B. beim Rasenmähen Inseln schaffen). Pflanzen, die früh im Sommer abgeschnitten werden (Ende Mai bis Anfang Juni), blühen im Spätsommer oft ein zweites Mal.

  • Weitere Infos erhalten Sie im neuen Merkblatt der Stadt Illnau-Effretikon und der Gemeinde Lindau: «Jeder Quadratmeter zählt». www.ilef.ch/biodiversitaet
Wegwarte

In den Blüten der Wegwarte sammeln Wildbienen eifrig Pollen.
Königskerze
Eine Schwebfliege erlabt sich an den Blüten der Dunklen Königskerze.
Malvenblüten
Die zarten Farben der Malvenblüten bezaubern Mensch und Tier.

Text und Fotos: Barbara Leuthold Hasler
 

ZUR AUTORIN

Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby: zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.

 

Die Stadt Illnau-Effretikon publiziert monatlich über ihre Kommunikationskanäle und im «Regio» einen Artikel zum Thema Biodiversität. Dieser Artikel ist am 20. Juli 2023 erschienen.

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