Überwintern in der Nähe der Menschen
Haben Sie sich auch schon gefragt, wohin all die Tiere, die noch vor Kurzem ums Haus kreuchten und fleuchten, verschwunden sind? Die Rede ist nicht von den Mauerseglern und Schwalben, die inzwischen längst in den warmen Süden geflogen sind. Nein, uns interessieren die Tiere, die den Winter bei uns verbringen.
HAUPTSACHE TROCKEN UND VOR FROST GESCHÜTZT
Was ist mit den Feldgrillen, die mit ihren Zirpkonzerten den Sommer eingeläutet haben? Sie sind längst gestorben. Aber vorher haben sie noch für Nachwuchs gesorgt. Dieser lebt jetzt gerade gut versteckt unter der Erde in selbst gegrabenen Wohnröhren und hält Winterruhe.
Und die Mauereidechse, die im Sommer jeweils über die Terrasse huscht? Sie hat sich ein frostsicheres Versteck gesucht – wenn auch kein selbst gegrabenes. Wo dieses liegt, bleibt ihr Geheimnis. Vielleicht unter den Steinen entlang der Hausmauer, unter einer Holzbeige oder in einem verlassenen Mausloch?
Und was ist mit dem Igel, der bis in den November hinein auf der Suche nach Würmern und Engerlingen kleine Krater auf der Wiese hinterlassen hat? Hoffentlich hat er einen grossen Laubhaufen oder ein Igelhaus gefunden und verschläft dort die kalten Tage ungestört im Trockenen.
OFT KEINE ABSICHT, SONDERN NUR VERIRRT
Manche Tiere scheinen die Wärme unserer Wohnungen zu suchen. So tauchten in den letzten Wochen öfter Waldschaben im Haus auf. Wollen die etwa im Haus überwintern? Und muss ich mich jetzt vor eingeschleppten Krankheiten fürchten? Die Antwort lautet zweimal nein. Waldschaben werden von künstlichem Licht angelockt und verirren sich im Herbst deshalb gelegentlich in eine Wohnung. Da sie sich aber ausschliesslich von verrottendem Pflanzenmaterial ernähren, finden sie drinnen keine Nahrung und sterben innerhalb weniger Tage. Ausser wir retten sie, indem wir sie einfangen und wieder ins Freie bugsieren. Krankheiten übertragen Waldschaben keine – im Gegensatz zu den ähnlich aussehenden Deutschen Schaben, die zu den ungeliebten Küchenschaben zählen.
Die fette Spinne, die kürzlich im Schlafzimmer herumgekrabbelte, ist sicher vor den kalten Temperaturen ins Haus geflüchtet! Nein, vermutlich lebte sie schon länger da. Die meisten Spinnen sind an das ganzjährige Leben im Freien angepasst. Sie legen ihre Eier im Spätsommer oder Herbst in geschützte Kokons und sterben danach. Spinnen überleben den Winter entweder als Eier im Kokon oder sie schlüpfen noch im Herbst und suchen sich anschliessend ein gut geschütztes Winterquartier im Freien. An das Klima im Haus sind die meisten Freilandspinnen nicht angepasst; sie würden dort vertrocknen.
Nur einige wenige Spinnenarten leben das ganze Jahr über in Häusern. Im Herbst sind sie oft recht gross (da sie schon alt sind), und die Männchen sind aktiver als sonst, weshalb wir sie eher zu Gesicht bekommen. Vor einer Spinneninvasion im Herbst müssen wir uns somit keineswegs fürchten.
WAS KANN ICH TUN?
Grundsätzlich sind unsere wildlebenden Tiere gut an das hiesige Klima angepasst; sie haben verschiedene Strategien entwickelt, um den Winter zu überleben. Was viele von ihnen brauchen, sind frostsichere (aber nicht zimmertemperaturwarme), trockene und störungsfreie Unterschlüpfe.
- Verschliessen Sie nicht alle Unterschlüpfe an Gebäuden. Lassen Sie da, wo es nicht stört und keine Folgeschäden entstehen, Nischen, Spalten oder Löcher offen. Viele Vögel suchen zum Beispiel gerne Rollladenkästen, geschützte Vorsprünge an Fassaden oder Dachbalken als Schlafplätze auf.
- Speziell für Tiere erbaute Verstecke wie Igelhaufen und -häuser, Nistkästen u. ä. werden gerne angenommen. Empfehlungen und Anleitungen rund um den Igel siehe www.igelzentrum.ch
- Auch Komposthaufen sind beliebte Überwinterungsorte, sofern sie abgedeckt und trotzdem zugänglich sind. Die Komposte sollten den Winter über in Ruhe gelassen und nicht umgeschichtet werden.
- Verirrt sich ein Insekt oder ein anderes Tier in Ihre Wohnung, fangen Sie es am besten ein und entlassen es wieder ins Freie. Die meisten Wildtiere würden in der warmen Wohnung bald sterben. Waldschaben lassen sich übrigens problemlos von Küchenschaben unterscheiden: Wenn Sie das Licht einschalten und die Schabe nicht wegläuft, handelt es sich um eine harmlose Waldschabe.
ZUR AUTORIN
Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby: zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.
Die Stadt Illnau-Effretikon publiziert monatlich über ihre Kommunikationskanäle und im «Regio» einen Artikel zum Thema Biodiversität. Dieser Artikel ist am 14. Dezember 2023 erschienen.
Zugehörige Objekte
Name | |||
---|---|---|---|
Überwintern in der Nähe der Menschen (PDF, 483.21 kB) | Download | 0 | Überwintern in der Nähe der Menschen |
Name |
---|
Biodiversität |