Leitartikel Februar 2024; Stadträtin Brigitte Röösli
SORGENDE GEMEINSCHAFT
Schon als junge Frau habe ich mich aktiv am Gesellschaftsleben und an der Politik in meinem Heimatdorf Dagmersellen (LU) beteiligt. Ich erinnere mich noch gut, wie meine Grosseltern ihre Möbel mit ins Alterszentrum in nehmen wollten und dies leider nicht möglich war. Das hat mich damals motiviert, beim Neubau des Alterszentrums dieses Anliegen an der Gemeindeversammlung einzubringen, obwohl das zu dieser Zeit unüblich war.
Die Gesellschaft hat sich gewandelt. Die Menschen wollen heute informiert sein, miteinbezogen werden und mitbestimmen können.
Mitwirkung ist in Illnau-Effretikon nichts Neues. Bereits vor 25 Jahren wurde das Forum 21 gegründet. Als Bindeglied zwischen Bevölkerung und Behörden gibt es wichtige Impulse für eine zukunftsbeständige Entwicklung der Stadt. Es dient als «Thinktank» und übernimmt oft die Funktion eines Sprachrohrs der Bevölkerung gegenüber der Politik. Es unterstützt die Stadt mittels Umfragen, Diskussionsrunden und Weiterbildungsanlässen. Die Umfrage zum Langsamverkehr oder die Begehungen der Quartiere mit dem Fokus auf die Ortsplanung sind zwei der letzten Beispiele. Auf diesem Weg kann die Bevölkerung Einfluss nehmen und die Stadt mitgestalten. Für Illnau-Effretikon ist das Forum21 ein Glücksfall.
Durch den Austausch mit den Menschen in unserer Stadt erfahre ich ihre Wünsche und Nöte. Dies ist die Grundlage meines politischen Seins. Wie engagiert einige Menschen in unserer Stadt sind, konnte ich in den letzten Monaten unter anderem an zwei Mitwirkungsanlässen erfahren.
Beim ersten Anlass wurden alle Jugendlichen eingeladen, sich mit Politikerinnen und Politikern über ihre in einer Umfrage eingereichten Anliegen auszutauschen. Leider nahmen an dieser Veranstaltung nur rund 35 Personen teil. Doch jene, die gekommen waren, brachten sich engagiert ein. Daraus sind verschiedene Arbeitsgruppen hervorgegangen. Dort wird nun an der Umsetzung der Themenvielfalt auf dem Märtplatz, über eine Jugendcafeteria, den Mittagstisch im Schulhaus Watt bis hin zu öffentlichen Lernorten, Skateparks, Bike-Trails und Mikromobilität weitergedacht und –gearbeitet. Wie und unter welchen Umständen könnten diese verbessert oder umgesetzt werden? Partizipation geschieht also auch im Kleinen und ist nicht immer repräsentativ. Aber jene, die sich engagieren, können sich einbringen und werden gehört.
Am zweiten Anlass «Älter werden in Illnau-Effretikon» nahmen rund 50 Personen teil. An dieser Veranstaltung ging es darum, die Anliegen und Bedürfnisse der Bevölkerung in Bezug auf die Altersfreundlichkeit der Stadt zu diskutieren. Die grössten Anliegen sind die Wohnungsnot, die Einkaufsmöglichkeiten in Effretikon, die Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung sowie fehlende Gemeinschaftszentren und dezentrale Treffpunkte. Auch klar geäussert wurde der Wunsch nach koordinierten Informationen über die vielfältigen Angebote und Anlässe beispielsweise in Form einer App.
Das Bedürfnis, eingebettet in eine sorgende Gemeinschaft zu leben, scheint gross zu sein. Es möchte niemand alleine sein. Partizipation heisst laut Wikipedia «Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitsprache, Einbeziehung usw.». Partizipation beinhaltet also nicht nur Mitbestimmung, sondern heisst auch, dass jeder und jede einzelne Verantwortung für die Allgemeinheit, für die anderen übernimmt.
Für die Bewältigung der Herausforderungen bezüglich der demografischen Entwicklung braucht es neben den staatlichen, kirchlichen und durch Vereine organisierten Angeboten eine engagierte Bevölkerung, die selbstorganisiert Ideen umsetzt. Wenn ich mir vorstelle, wie schön es wäre, wenn wir alle im eigenen Umfeld schauen würden, dass Menschen dazugehören – durch einen kurzen Schwatz, eine Einladung, ein kleines Strassenfest im Quartier, das Angebot, als Notfallnummer für den Telealarm zur Verfügung zu stehen oder einkaufen zu gehen.
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