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Leitartikel Februar 2024; Stadträtin Brigitte Röösli

30. Januar 2024

SORGENDE GEMEINSCHAFT

Schon als junge Frau habe ich mich aktiv am Gesell­schaftsleben und an der Politik in meinem Heimat­dorf Dagmersellen (LU) beteiligt. Ich erinnere mich noch gut, wie meine Grosseltern ihre Möbel mit ins Alterszentrum in neh­men wollten und dies leider nicht möglich war. Das hat mich damals motiviert, beim Neubau des Alterszentrums dieses Anlie­gen an der Gemeindeversammlung einzubringen, ob­wohl das zu dieser Zeit unüblich war.

Die Gesellschaft hat sich gewandelt. Die Menschen wollen heute informiert sein, miteinbezogen wer­den und mitbestimmen können.

Mitwirkung ist in Illnau-Effretikon nichts Neues. Be­reits vor 25 Jahren wurde das Forum 21 gegründet. Als Bindeglied zwischen Bevölkerung und Behörden gibt es wichtige Impulse für eine zukunftsbestän­dige Entwicklung der Stadt. Es dient als «Thinktank» und übernimmt oft die Funktion eines Sprachrohrs der Bevölkerung gegenüber der Politik. Es unter­stützt die Stadt mittels Umfragen, Diskussionsrun­den und Weiterbildungsanlässen. Die Umfrage zum Langsamverkehr oder die Begehungen der Quar­tiere mit dem Fokus auf die Ortsplanung sind zwei der letzten Beispiele. Auf diesem Weg kann die Be­völkerung Einfluss nehmen und die Stadt mitgestal­ten. Für Illnau-Effretikon ist das Forum21 ein Glücks­fall.

Durch den Austausch mit den Menschen in unserer Stadt erfahre ich ihre Wünsche und Nöte. Dies ist die Grundlage meines politischen Seins. Wie enga­giert einige Menschen in unserer Stadt sind, konnte ich in den letzten Monaten unter anderem an zwei Mitwirkungsanlässen erfahren.

Beim ersten Anlass wurden alle Jugendlichen ein­geladen, sich mit Politikerinnen und Politikern über ihre in einer Umfrage eingereichten Anliegen auszu­tauschen. Leider nahmen an dieser Veranstaltung nur rund 35 Personen teil. Doch jene, die gekom­men waren, brachten sich engagiert ein. Daraus sind verschiedene Arbeitsgruppen hervorgegangen. Dort wird nun an der Umsetzung der Themenvielfalt auf dem Märtplatz, über eine Jugendcafeteria, den Mittags­tisch im Schulhaus Watt bis hin zu öffentli­chen Lernorten, Skateparks, Bike-Trails und Mikro­mobilität weiterge­dacht und –gearbeitet. Wie und unter welchen Um­ständen könnten diese verbes­sert oder umgesetzt werden? Partizipation ge­schieht also auch im Klei­nen und ist nicht immer re­präsentativ. Aber jene, die sich engagieren, können sich einbringen und wer­den gehört.

Am zweiten Anlass «Älter werden in Illnau-Effre­tikon» nahmen rund 50 Personen teil. An dieser Ver­anstaltung ging es darum, die Anliegen und Bedürf­nisse der Bevölkerung in Bezug auf die Altersfreund­lichkeit der Stadt zu diskutieren. Die grössten Anlie­gen sind die Wohnungsnot, die Einkaufsmöglichkei­ten in Effretikon, die Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung sowie fehlende Gemeinschafts­zentren und dezentrale Treffpunkte. Auch klar ge­äussert wurde der Wunsch nach koordinierten Infor­mationen über die vielfältigen Angebote und An­lässe beispielsweise in Form einer App. 

Das Bedürfnis, eingebettet in eine sorgende Ge­meinschaft zu leben, scheint gross zu sein. Es möchte niemand alleine sein. Partizipation heisst laut Wikipedia «Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Mitsprache, Einbezie­hung usw.». Partizipation beinhaltet also nicht nur Mitbestimmung, sondern heisst auch, dass jeder und jede einzelne Verantwortung für die Allgemein­heit, für die anderen übernimmt.

Für die Bewältigung der Herausforderungen bezüg­lich der demografischen Entwicklung braucht es ne­ben den staatlichen, kirchlichen und durch Vereine organisierten Angeboten eine engagierte Bevölke­rung, die selbstorganisiert Ideen umsetzt. Wenn ich mir vorstelle, wie schön es wäre, wenn wir alle im eigenen Umfeld schauen würden, dass Menschen dazugehören – durch einen kurzen Schwatz, eine Einladung, ein kleines Strassenfest im Quartier, das Angebot, als Notfallnummer für den Telealarm zur Verfügung zu stehen oder einkaufen zu gehen.

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