Leitartikel September 2024; Stadtrat Philipp Wespi
DIE SACHE MIT DEN VORSÄTZEN UND DEM GÜRTEL:
ILEF MUSS SICH AN «SKINNY JEANS» GEWÖHNEN.
Sie ist gekommen. Die Situation, in die ich als Finanzvorstand unserer Stadt eigentlich nie kommen wollte. Und damit meine ich weder eine Politintrige noch das Verwickeltsein in andere Polit-Räuberpistolen. Nein. Ich hatte es mir nämlich fest vorgenommen, in meinen Leitartikeln über alles zu schreiben, nur nicht über unsere Stadtfinanzen.
Aber eben. Die Situation bedingt es. Er wird uns schon bald in seinen Fängen haben. In seinen engen, ungemütlichen, oft gehässig diskutierten und kontrovers ausgestalteten Fängen. Der Bösewicht, der auch den Bund, unseren Kanton und andere Gemeinden drangsaliert. Der missmutige Plaggeist, der auch bei uns schon zu bald sein Unwesen treiben wird. Und dann soll niemand sagen, wir hätten seine Ankunft nicht angekündigt. Die Rede ist vom Gürtel.
Schon ab dem kommenden Budget wird er uns begleiten. Der Gürtel, den es künftig viel enger zu zurren gilt. Vorbei ist die Zeit der tief in den Hüften sitzenden, weit geschnittenen und gemütlichen Jeans mit weitem Gürtel. Es kommen nun die Jahre der «Skinny-Fit»-Jeans – etwas schwierig anzuziehen, eng geschnitten und manchmal unbequem. Und dies noch mit einem Gürtel gesichert, der knapp geschnürt sicherstellt, dass auch diese Jeans sitzen.
Kurz: Die finanzpolitisch «unbeschwerteren» Jahre sind vorbei. Die Hochrechnung für dieses Jahr zeigt: Statt einer schwarzen Null, werden wir einen Millionenverlust einfahren. Notabene der erste Verlust seit 2013. Der Budgetentwurf 2025 und der Finanzplan der darauffolgenden Jahre zeigen, dass wir künftig froh sein müssen, wenn wir die laufenden Ausgaben mit den zur Verfügung stehenden Einnahmen selbst decken können. Ohne dass dabei wesentlich Raum bleibt, Geld auf die Seite zu legen. Dieses bräuchten wir für die anstehenden Investitionen in Schulen, Werkhof und Strassen. Es werden also die Banken sein, die künftig unsere Investitionen finanzieren, weil zu wenig Geld aus unserer Erfolgsrechnung resultiert. Wir werden Jahre haben, wo wir Ende Jahr in etwa gleich viel Geld auf dem Stadt-Konto haben werden, wie wir anfangs Jahr hatten – ohne dabei viele Investitions-Franken aus dem eigenen Sack bezahlt zu haben.
Ja, der Gürtel. Ihn rigider zu schnallen bedeutet, künftig wieder strenger und vorsichtiger mit uns selbst zu sein und noch genauer abzuwägen, welche Aufgaben wir angehen, welche Stellen wir schaffen und welche Investitionen wir auf den Weg schicken. Zu diskutieren und zu entscheiden, welche bisherigen Ausgaben und Leistungen wir uns noch leisten und bei welchem Einnahmeniveau (Steuerfuss?) dies künftig alles passieren soll.
Auch bei der Stadt gilt die Binsenwahrheit, dass nur ausgegeben werden kann, was eingenommen wird. Die Differenz bezahlen künftige Generationen und die Banken verdienen daran.
Ja, ich habe nun über das Thema geschrieben, über das ich eigentlich gar nie schreiben wollte: unsere Finanzen. Und doch. Obwohl luftige Jeans bequemer sind: Wir werden auch in «Skinny-Fit»-Jeans und engem Gürtel unsere Stadt bestmöglich entwickeln und weiterbringen.
So gut es geht und mit maximalem Effort. Dafür ist die Verwaltung höchst professionell aufgestellt und wir Politikerinnen und Politiker gewählt. Zusammen und auf Augenhöhe bewältigen wir so die finanzpolitisch unbequemen Diskussionen und Entscheide, die uns bevorstehen. Versprochen.
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